Freitag, 7. August 2009

Eugen Schmalenbach, der Gründer der "Kölner Schule", II.


Der Lehrer

"Gehe mit Gelehrten um, so wirst du Gott immer mehr zu danken haben." Diese Sentenz Heinrich Leberecht Fleischers kann wohl eine Erklärung für Schmalenbachs Lehrerfolge sein. Alle, die das Glück hatten, sich seine Schüler nennen zu können, haben sich in den Bann seiner wissenschaftlichen Passion und seines pädagogischen Eros ziehen lassen. Ähnlich wie Schmalenbach in seinen Publikationen durch die Originalität seiner Ideen, durch die Anschaulichkeit der Diktion und durch treffende Metapher die Leser zu fesseln verstand, so wußte er in seinen Vorlesungen und Seminaren mit Humor, Scherzen und mit der "List der Vernunft" die Betriebswirtschaftslehre zu einer "fröhlichen Wissenschaft" zu gestalten und seine Zuhörer für sie zu gewinnen. Vielen seiner Schüler hat er die Entscheidung zum Studium dieser Disziplin erleichtert. Trotz alledem hielt er den Kreis seiner Schüler eng. Wenn auch die Zahl der Kölner Studierenden der Wirtschaftswissenschaften schon in den zwanziger Jahren zum ersten Male im Wintersemester 1922 / 1923 dreitausend überschritt, so nahm Schmalenbach damals nicht mehr als zwanzig Mitglieder in sein Seminar auf, weil er in dieser Frequenz die für eine ersprießliche Arbeit zulässige Maximalteilnehmerzahl erblickte. Dabei war er als ein strenger Seminarleiter und Examinator bekannt. Wenn nach seiner Ansicht ein Seminarmitglied trotz der Erfüllung der erschwerten Aufnahmebedingungen die wissenschaftliche Reife nicht besaß, wurde er aus dem Seminar verwiesen. In den Prüfungen kam es Schmalenbach auf die Feststellung des spezifisch betriebsökonomischen Denkvermögens der Kandidaten an; sah er doch in der Schulung zu diesem Denken keineswegs nur eine akzessorische Aufgabe seines akademischen Unterrichts. Schmalenbachs Härte gegen sich selbst und zuweilen gegen andere war aus seinem dauernden Bestreben zu verstehen, der Wissenschaft und insbesondere der Betriebswirtschaftslehre die ihr zukommende Reverenz zu zollen sowie die Inflation der auf Universitäten und Hochschulen ausgebildeten Betriebs- und Volkswirte zu steuern. Noch auf der Jahrestagung des Verbandes der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft in Königswinter am Rhein vertrat Schmalenbach am 1. Juni 1950 die Meinung, daß seiner Schätzung nach von den westdeutschen wirtschaftswissenschaftlichen Absolventen nur etwa fünfundzwanzig Prozent eine ihrer Ausbildung adäquate Stellung finden und drei Viertel sich mit inferioren Arbeiten begnügen müssen. Daß Schmalenbach mit seiner Strenge gegen sich und zuweilen gegen andere der deutschen Betriebswirtschaftslehre einen großen Dienst erwiesen hat, bestätigte jüngst noch ein englischer Nationalökonom, der klagte, daß England keine Betriebswirtschaftslehre hat und dort Gelehrte wie ein Eugen Schmalenbach und andere betriebswirtschaftliche Pioniere fehlen.

(Münstermann, Hrsg.: Geschichte und Kapitalwirtschaft, Beiträge zur Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre, Wiesbaden 1963, S. 29-30)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen