Dienstag, 20. Oktober 2009

Allgemeines Modell der Entscheidungswertermittlung zur Unternehmensbewertung


MATSCHKE / BRÖSEL haben in ihrem Buch Unternehmensbewertung (2. Auflage, Wiesbaden 2006, S. 159 ff.) ein Grundmodell des Entscheidungswertkalküls vorgestellt, das Matschke in seinem Vortrag Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensbewertung im Rahmen der EUROFORUM - Jahrestagung 2003 als "Allgemeines Modell der Entscheidungswertermittlung" skizziert hat.

Dieses allgemeine Modell der Entscheidungswertermittlung geht vermutlich auf Überlegungen von SIEBEN und JAENSCH zurück, die das Problem der Grenzpreisermittlung in ein Programmplanungsmodell von der logischen Struktur des "Knapsack - Problems" überführt haben. Dieses CAPITAL - BUDGETING - MODELL ist von BRETZKE in seiner Schrift Das Prognoseproblem bei der Unternehmensbewertung (Düsseldorf 1975) dargestellt worden. MATSCHKE hat dieses Modell in ein Nutzenmaximierungsmodell überführt (Matschke: Der Entscheidungswert der Unternehmung, Diss., Köln 1973).

Der Verhandlungsprozess zwischen dem präsumtiven Käufer und dem potenziellen Verkäufer eines Unternehmens ist eine interpersonale Konfliktsituation. Dabei stellt sich von vornherein die Frage, was Käufer bzw. Verkäufer ohne Einigiung machen und hinsichtlich ihrer Ziele erreichen könnten. Bei rationalem Handeln würden sie das tun, was ihren Nutzen maximiert. Matschke nennt das, was eine Verhandlungspartei ohne Einigung machen würde, das Basisprogramm und die dabei erreichbare Zielerfüllung den Basisprogrammnutzen. Die Konfliktpartei wählt aus der Menge aller Handlungsmöglichkeiten ohne Einigung die Alternative. Es handelt sich dabei um die nutzenmaximale Alternative. Sie ist das Basisprogramm und ihr Nutzen der Basisprogrammnutzen.

Der Basisprogrammnutzen wird von Matschke als Meßlatte bezeichnet. Wer sich in keiner Zwangssituation befindet, wird einer Einigung nur zustimmen, wenn er sich davon einen Vorteil verspricht bzw. seinen Nutzen nicht mindert. Das heißt, nach einer Einigung sollte wenigstens wieder der Basisprogrammnutzen erreicht werden. Geht man davon aus, dass die Einigungsbedingungen, die allgemein als Kombination der konfliktlösungsrelevanten Sachverhalte ausgedrückt werden können, das Entscheidungsfeld ändern, dann steht je nachdem, welche Kombination vereinbart wird, auch wieder eine andere Alternativmenge konfliktlösungsrelevanter Sachverhalte zur Auswahl mit einem in der Regel unterschiedlichen Nutzen. Das Bewertungsprogramm ist dann die aus dem geänderten Entscheidungsfeld zu wählende Alternative, deren Nutzen genauso groß ist wie der Nutzen des Basisprogramms. Alle Kombinationen der konfliktlösungsrelevanten Sachverhalte, für die dies gilt, bilden den Entscheidungswert dieser Partei. Dem Entscheidungswert steht jede Konfliktpartei indifferent gegenüber, weil die Parteien sie als Lösung des Konflikts gerade noch akzeptieren könnten. Eine Konfliktpartei (Käufer bzw. Verkäufer) würde nach einer Einigung genau wieder den Basisprogrammnutzen erreichen. Natürlich strebt sie nicht nach einer Realisierung des Basisprogramms. Zulässig sind aus Sicht der Konfliktparteien solche Konfliktlösungen, die ihren Entscheidungswert bilden, und selbstverständlich alle, die für sie zu einem Nutzenzuwachs führen.

Selbstverständlich ist in diesem allgemeinen Modell der Entscheidungswertermittlung die Unterscheidung zwischen Wert und Preis des Unternehmens gegeben.

Auf der Basis dieses von MATSCHKE entwickelten Modells hat sein akademischer Schüler Thomas HERING (FernUniversität Hagen) das innovative Totalmodell Zustands-Grenzpreismodell ZGPM entwickelt (Hering: Unternehmensbewertung, 2. Auflage, München 2006). Dieses ZGPM ist von der Literatur für den Fall einseitiger Agency - Konflikte auf Seiten des Bewertungsobjektes erweitert worden. Darauf aufbauend haben INWINKL / KORTEBUSCH / SCHNEIDER sich mit dem in der Praxis häufig auftretenden Fall beidseitiger Agency - Konflikte befasst (in: BFuP 4/2009, S. 403 - 421).

Weitere Verfahren, die auf dem allgemeinen Modell der Entscheidungswertermittlung beruhen sind beispielsweise
  • das Partialmodell "Zukunftserfolgswertverfahren" und
  • das heuristische Modell "Approximativ dekomponierte Bewertung".

Demjenigen, der sich mit dem von Matschke entwickelten Grundmodell des Entscheidungswewertkalküls intensiver befassen möchte, sei das eingangs genannte Buch Unternehmensbewertung empfohlen, das auch in seinen anderen Teilen eine unverzichtbare Lektüre für jeden an der Unternehmensbewertung Interessierten ist.

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