Montag, 28. Dezember 2009

Der Fall Hypo Real Estate Holding AG (HRE)


Am 21.12.2009 berichtete die Wirtschaftswoche:


Die Hypo Real Estate (HRE) hat einen kleinen Teil der Milliardenhilfen des Bundes und der Finanzbranche zurückgezahlt. Für die übrigen Risiken der schwer angeschlagenen Immobilienbank steht nun nicht mehr direkt der Bund gerade, sondern der Soffin.
Ein sachlicher Rückblick auf den Fall der HRE:

Die Hypo Real Estate Holding AG (HRE) hat im Herbst 2007 den Staatsfinanzierer Depfa, Dublin, übernommen. Die Depfa hatte umfangreich Fristentransformation betrieben, um die geringen Margen im Staatsfinanzierungsgeschäft auszugleichen. Nach der Übernahme versuchte die HRE, diese Risiken zu reduzieren. Während es ihr gelang, durch Swapgeschäfte die Marktpreisrisiken deutlich zu verringern, konnte sie eine langfristige Refinanzierung aufgrund der angespannten Lage auf den Finanzmärkten nicht in ausreichendem Umfang darstellen.


Mit der Verschärfung der Geldmarktsituation infolge der Insolvenz der US - Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008 gelang es der HRE nicht mehr, die notwendige Refinanzierung sicherzustellen. Als ersichtlich wurde, dass der Gruppe unmittelbar die Zahlungsunfähigkeit drohte, haben die BaFin und die Bundesbank am 26. September 2008 bis zum 28. September 2008 (erstes Verhandlungswochenende) mit der HRE und Vertretern der Finanzindustrie über Rettungsmaßnahmen beraten. Am Ende einigte man sich auf das erste Rettungspaket in Höhe von 35 Mrd. € gegen Stellung von Sicherheiten durch die HRE; 20 Mrd. € Liquidität sollten die Bundesbank und 15 Mrd. € ein Konsortium der Finanzwirtschaft, jeweils zusätzlich gesichert durch eine Bundesbürgschaft, bereitstellen. Um die möglichen Belastungen angemessen zwischen dem Bund und der Finanzwirtschaft zu verteilen, wurde vereinbart, dass das Konsortium der Finanzwirtschaft im Rahmen einer Rückbürgschaft gegenüber dem Bund für 60 % der möglichen Ausfälle, begrenzt auf maximal 8 1/2 Mrd. € einstehen sollte.


Die Folgewoche war von weiteren beachtlichen Marktturbulenzen und Funktionsstörungen geprägt. So weiteten sich die Risikoaufschläge an den Geldmärkten dramatisch aus. An den Kreditmärkten gerieten sogar Staatsanleihen des Euro - Raums unter erheblichen Druck. Die Renditeaufschläge bei bestimmten Staatsanleihen, welche die Depfa Kontraktpartnern als Sicherheit gewährt hatte, führten zu erheblichen Nachschusspflichten und damit Liquiditätsabflüssen. Durch diese im Vorhinein nicht absehbare Zuspitzung verschlechterte sich die Liquiditätssituation der HRE trotz der ergriffenen Maßnahmen weiter. Zu der Anspannung an den Finanzmärkten kamen das Downgrading der HRE - Gruppe durch Standard & Poors und die Nichterfassung der Depfa von der Garantie der irischen Regierung für Einlageninstitute. Um ein Moratorium abzuwenden, kam es vom 2. Oktober 2008 bis zum 5. Oktober 2008 zu weiteren Verhandlungen zwischen Vertretern der Bundesregierung, der Bundesbank, der BaFin und der Finanzwirtschaft. Man einigte sich auf die Erhöhung des Liquiditätsrahmens auf 50 Mrd. €. Die zusätzlichen 15 Mrd. € stellte das Konsortium der deutschen Finanzwirtschaft gegen Stellung von Sicherheiten durch die HRE zur Verfügung.


In den folgenden Wochen erhöhte sich der Liquiditätsbedarf der HRE weiter, insbesondere da die HRE aufgrund der Entwicklung des US - Dollarkurses, der Zinssätze und der Renditeaufschläge für bestimmte festverzinsliche Anleihen Kontraktpartnern zusätzliche Sicherheiten stellen musste. Deshalb hat der SoFFin der HRE schrittweise einen Garantierahmen in Höhe von 52 Mrd. € gewährt und mittlerweile 100 % der Aktien übernommen. In diesem Rahmen wurden der Bank knapp 3 Mrd. € Eigenkapital zugeführt. Am 4. November 2009 wurde eine weitere Kapitalzufuhr von 3 Mrd. € und eine Verlängerung des Garantierahmens bis zum 30. Juni 2010 beschlossen.


Zur Auffanglösung der HRE gab es keine vertretbare Alternative. Die Insolvenz einer Bankengruppe dieser Größe nur zwei Wochen nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers hätte eine Kettenreaktion ausgelöst mit einem Vielfachen der Kosten, die dem Bund aus den Garantien erwachsen können. Neben den direkten Auswirkungen auf die Gläubiger der HRE bestand die Gefahr, dass die Refinanzierungsmöglichkeiten der deutschen Banken aufgrund des Vertrauensverlustes in das deutsche Bankensystem infolge einer Insolvenz entscheidend beeinträchtigt worden wären. Aufgrund des hohen Volumens emittierter Pfandbriefe der HRE hätte zudem die Gefahr bestanden, dass der Pfandbriefmarkt in Mitleidenschaft gezogen worden wäre.


Die Übernahme der Bank durch den SoFFin im Rahmen des Squeeze - outs war notwendig, um die HRE langfristig stabilisieren zu können. Nur so konnte eine ausreichende Rechtssicherheit und Flexibilität bei der weiteren Restrukturierung erreicht werden.

(Quelle: DEUTSCHE BUNDESBANK EUROSYSTEM, Finanzstabilitätsbericht 2009)



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