Donnerstag, 28. Januar 2010

"The Volcker Rule" für Deutschland?


Das Nachrichtenmagazin FOCUS berichtete am 27.01.2010


Erst der Jubel, dann der Schock: Nur Stunden nachdem die Investmentbank Goldman Sachs kürzlich einen gigantischen Jahresgewinn von 13 Milliarden Dollar vermeldet hatte, packte US-Präsident Barack Obama den Hammer aus. Er kündigte die weitreichendste Reform des Bankwesens seit Jahrzehnten an. Im Kern laufen seine Pläne auf die strikte Trennung von Privatkundengeschäft und Investment-Banking hinaus. Insbesondere sollen Banken mit Kundeneinlagen keinen Eigenhandel mehr betreiben und sich nicht an Hedge-Fonds beteiligen dürfen. Ein „Too big to fail“ soll es nach Obamas Worten nicht mehr geben: „Nie wieder wird der amerikanische Steuerzahler von einer Bank, die zu groß zum Scheitern ist, in Geiselhaft genommen werden.“...



In den USA nennt man Obamas Ansatz "The Volcker Rule", benannt nach dem  82 -jährigen ehemaligen Vorsitzenden des Direktoriums der US - Notenbank Federal Reserve, Paul Volcker. Er leitete dieses Gremium von 1979 - 1987. Die österreichische Zeitung DerStandard schrieb am 22.01.2010 über ihn:

Gäbe es eine Brandmauer im US-Finanzministerium, dann würde auf ihr sein Name stehen. "Nennen wir es die Volcker-Regel", schlug Barack Obama vor, als er ankündigte, normales Geschäfts- und hohes Risiko fahrende Investmentbanken strikter voneinander trennen zu wollen. "Nach dem langen Burschen hier hinter mir." 

Es ist ein später Triumph für Paul A. Volcker. Noch im Wahlkampf hatte ihn Obama in sein Beraterteam geholt, dann aber war es still geworden um den Zweimeterriesen. Die erste Geige im finanzpolitischen Konzert spielten andere. Larry Summers, die graue Eminenz, stellte als Chefstratege die Weichen, Finanzminister Tim Geithner folgte ihm. Volcker gab Interviews, in denen er Klartext sprach. "Eine Bank, die einen Großteil ihrer Einnahmen aus dem Handel erzielt, sollte gar keine Bankenlizenz bekommen." 

Im vergangenen Herbst verschoben sich die Gewichte, weg von Summers und Geithner, die nur vorsichtige Korrekturen wollten, hin zu Volcker. Die Banken liehen nur zögerlich Geld, obwohl sie es angesichts rekordniedriger Leitzinsen überaus billig bekamen. Viele Milliarden flossen in Bonuszahlungen und in riskante Investments. Kaum überraschend rückte Volcker, der den Clinch mit der Wall Street nicht scheut, in die erste Reihe. 

Manchmal wirkt er schrullig, geradezu stur, der Grandseigneur der US-Finanzpolitik. Von 1979 bis 1987 stand er an der Spitze der Fed, der US-Notenbank. Er bezwang die Inflation, indem er die Leitzinsen nach seiner Amtseinführung kräftig anhob. Volcker nahm eine tiefe Rezession in Kauf, Anfang der Achtzigerjahre, und leitete nach der Schmerzensphase die Ära der "Großen Mäßigung" ein: niedrige Inflation, geringe Konjunkturschwankungen, ein hohes Wirtschaftswachstum. 

Der Republikaner Ronald Reagan beließ den Demokraten, den Jimmy Carter ernannt hatte, im Amt. Abgelöst wurde "Big Paul" von Alan Greenspan. 

Der 82-Jährige, verwitwet, zwei Kinder, kennt das Finanzsystem aus zwei Perspektiven, aus der staatlichen ebenso wie aus der einer Bank. Nach dem Berufseinstieg 1952 bei der New Yorker Filiale der Zentralbank wechselte er zu Chase Manhattan, ehe er zur Fed zurückkehrte. Als Obama seinen Siegeszug antrat, war Volcker einer der ersten Ökonomen von Rang, die sich auf die Seite des Senkrechtstarters stellten. Obama machte ihn dafür zum Chef einer Expertenkommission. Der Auftrag: Lehren aus der Finanzkrise zu ziehen.  (Frank Hermann, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23./24.1.2010


Fritz B. Simon, Professor für Führung und Organisation an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Witten/Herdecke lobt VOLCKERs auflebenden Einfluss:

 

Regulierung der Finanzmärkte

Fritz B. Simon

Ein positiver Aspekt verlorener Wahlen ist, dass sie Lernmöglichkeiten eröffnen. So ist das wohl (hoffe ich) auch mit der Wahlniederlage der Demokraten in Massachusetts und der Obama-Regierung.

Denn die vor einem Jahr versprochene und jedermann notwendig erscheinende Regulierung der Finanzmärkte - d.h. die Übernahme der Verantwortung der Politik für unser Wirtschaftssystem, die ich persönlich für unabdingbar halte - war zwar versprochen, aber in den letzten Monate irgendwie vergessen worden. 

Die Banken machen wieder gute Geschäfte, schütten wieder Milliarden-Boni aus und spenden den korrupten Politikern in Senat und Repräsentantenhaus genug Geld, um alle Reformen zu verhindern. Dass die sog. Realwirtschaft immer noch in der Krise ist und Millionen von Leuten keinen Job mehr haben, spielt keine Rolle. Die Aktienkurse steigen, und es ist ja nicht selten dass sie parallel zum Steigen der Arbeitslosenzahlen ihre Höhenflüge antreten.

Jetzt aber haben die Wähler gezeigt, dass sie das alles nicht lustig finden. Und auf einmal wird einer meiner Favorites gehört: der ehemalige Präsident der US-Bundesbank (FED), Paul Volker. Er zieht seit Jahren durch die Lande und erklärt, die ganzen neuartigen Finanzprodukte (Derivate) hätten keinerlei volkswirtschaftlichen Nutzen. Jetzt hat er offenbar “das Ohr des Präsidenten”, denn seine Ideen werden Grundlage der Reformvorschläge der Regierung. 

Es besteht Hoffnung, dass etwas Gescheites (im Vergleich zum Status quo) dabei heraus kommt. Die Aktienkurse der Banken sind jedenfalls schon mal sofort um ca. 5% gefallen… (was natürlich nicht sicher als Qualitätsbeweis für die Vorschläge zu deuten ist).

Zu Bedenken gibt es , dass LEHMAN BROTHERS eine reine Investmentbank war und trotzdem einen hohen volkswirtschaftlichen Schaden, auch in Deutschland durch den Verkauf von wertlos gewordenen Zertifikaten, anrichtete. Außerdem hat sich das Universalbankensystem in Deutschland bestens bewährt.


Das Hauptaugenmerk der politisch Verantwortlichen sollte sich eher auf das richten, was Paul KRUGMAN "Die Schattenwirtschaft des Bankwesens" nennt. Timothy Geithner, der ehemalige Präsident der New York Federal Reserve Bank und jetzige Finanzminister  der Vereinigten Staaten sagte im Juni 2008 im Rahmen eines Vortrags:


Während des Booms änderte sich die Struktur des Finanzsystems grundlegend, wobei der Anteil der Anlagen außerhalb des traditionellen Bankensystems dramatisch wuchs. Dieses Nichtbank - Finanzsystem wurde schließlich sehr bedeutend, besonders an den Geld- und Kreditmärkten. Anfang 2007 umfassten forderungsversicherte Papiere in Zweckgesellschaften, strukturierte Investmentvehikel, nachrangige Unternehmensanleihen mit einer per Auktion ermittelten Verzinsung, Tender Option Bonds und Variable Rate Demand Notes ein Vermögen von zusammen rund 2,2 Billionen US - Dollar. Durch Eigenmittel unterlegte Triparty - Repos mit einer Laufzeit von einem Tag nahmen auf 2,5 Billionen US - Dollar zu. Die in Hedgefonds gehaltenen Vermögenswerte wuchsen auf grob geschätzte 1,8 Billionen US - Dollar. Die Bilanzsumme der damals fünf großen Investmentbanken belief sich zusammen auf 4 Billionen US - Dollar. Die Gesamtaktiva der fünf größten Bankholdinggesellschaften in den Vereinigten Staaten kamen zu jenem Zeitupnkt auf nur gut 6 Billionen Dollar, und die Gesamtaktiva des gesamten Bankensystems lagen bei etwa 10 Billionen US - Dollar.





 

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