Sonntag, 7. Februar 2010

Bewertungsdefekte


Die Mehrdimensionalität des Bewertungsobjektes Unternehmen führt den Bewerter  sowie den präsumtiven Käufer / Verkäufer eines Unternehmens regelmäßig in eine strukturdefekte Entscheidungssituation. Dietrich ADAM unterscheidet n seinem 1996 in der 4. Auflage erschienenen Buch Planung und Entscheidung vier Arten von Defekten:

  • Lösungsdefekt
  • Zielsetzungsdefekt
  • Bewertungsdefekt
  • Wirkungsdefekt

Bewertungsdefekte sind gegeben, wenn die für die Planung relevanten Merkmale nicht eindeutig in Werte zu transformieren sind, bzw. wenn sie sich nicht mit der angestrebten Zielgröße bewerten lassen. Sie haben ihre Ursachen darin, daß die ökonomischen Konsequenzen von Handlungen nicht eindeutig sind.

Ist das Kapital der knappe Faktor, besteht der Bewertungsdefekt darin, einen sinnvollen Kalkulationszinssatz für die Bewertung des einzusetzenden Kapitals zu bestimmen. Dieser Zinssatz muss sicherstellen, daß die Finanzierungspotentiale des Unternehmens berücksichtigt werden und darüber hinaus das aufgenommene Kapital in die gewinnträchtigste Verwendungsrichtung gelenkt wird. In bewertungsdefekten Entscheidungssituationen gehört es auch zum Gegenstand der Planung, sinnvolle Wertansätze zu ermitteln, die die Partialentscheidungen des Unternehmens vernünftig im Sinne des übergeordneten Unternehmensziels koordinieren.

Zur Vorgehensweise in schlechtstrukturierten Entscheidungssituationen

Liegen Planungsprobleme mit Strukturdefekten vor, ist es Aufgabe der Planung, die gegebene Problemsituation durch eine möglichst sachgerechte Transformation des defekten Ausgangsproblems in ein nicht defektes Teil- oder Unterproblem zu überführen, auf das möglichst das klassiche Planungsschema angewendet werden kann. Diese Strukturierungsarbeit ist nur durch inhaltliche und nicht durch formale Argumentation zu lösen. Der Umfang der Planung geht folglich über den Planungsbegriff der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre hinaus. Die Beispiele schlechtstrukturierter Entscheidungsprobleme zeigen, daß sich sowohl die Planungsdefinition als auch der Ablauf der Planung gegenüber dem klassischen Planungsschema nachhaltig verändern. Nach dem klassischen Planungsschema steht die Berechnung einer optimalen Lösung für ein durchformuliertes Planungsproblem im Vordergrund. Unklar ist indes, wie der Planende zu diesem gutstrukturierten Problem gelangt ist. Bei schlechtstrukturierten Problemen steht die Entwicklung von sinnvollen Planungsproblemen, Wertansätzen, Zielen und heuristischen Lösungsmethoden im Vordergrund; die Rechenarbeit ist Beiwerk.

In schlechtstrukturierten Entscheidungssituationen trägt die Planung damit im weiteren Sinne immer heuristische Züge; denn in einer bestimmten Ausgangssituation gelangen unterschiedliche Planer zu verschiedenen Ergebnissen im Strukturierungsprozeß. Die Art der Strukturierung hängt vom Problemverständnis des Planers, seiner Kenntnis über Methoden und Zusammenhänge und seiner persönlichen Sichtweise der Dinge ab. Die Entwicklung eines Planungsmodells im Zuge der Strukturierung ist damit ein heuristischer Prozeß, der nicht formallogisch begründbar ist. Für eine bestimmte Ausgangssituation gibt es deshalb auch nicht das eine richtige Modell. Die Strukturierung ist nur mehr oder weniger sinnvoll bzw. plausibel und damit nicht für jeden Dritten eindeutig nachvollziehbar. Für praktische Probleme, die immer in gewissem Grade strukturdefekt sind, kann es deshalb auch keine optimalen Lösungen i.e.S. geben. Optimal ist allenfalls die Lösung für das Modell, mit dem am Ende des Strukturierungsvorgangs gearbeitet wird.

Ob ein Modell für eine praktische Fragestellung geeignet ist, muß deshalb in einer Art Rückkopplungsprozeß hinterfragt werden. Die Planungsergebnisse am Ende eines Strukturierungsvorgangs müssen wieder in den Gesamtrahmen des Ausgangsproblems gestellt werden. Erst in einem praktischen Test kann sich zeigen, ob die Strukturierung zu einer tragfähigen Lösung geführt hat. Gegebenenfalls sind die Ergebnisse in Frage zu stellen und zu modifizieren. 






 

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