Freitag, 23. April 2010

Heute beginnt die griechische Finanz- und Wirtschaftskrise



Am heutigen Freitag um 12.00 MESZ gab die griechische Regierung  erwartungsgemäß ihren Beschluss bekannt, die EU und den IWF offiziell um Finanzhilfen zu bitten.

Dieser Hilfsantrag muss das Ziel haben, den griechischen Staatshaushalt zu stabilisieren. Den Maßstab für "Stabilität" findet man im europäischen Stabilitätspakt:

Eine auf Dauer tragbare Finanzlage der öffentlichen Hand, ersichtlich aus einer öffentlichen Haushaltslage ohne übermäßiges Defizit im Sinne des Artikels 104 Absatz 6 EG - Vertrag.

Die Anforderungen an die Haushaltsdisziplin sind nicht erfüllt, wenn


a) das Verhältnis des geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizits zum BIP einen bestimmten Referenzwert (3 %) überschreitet,

b) das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstaates zum BIP einen bestimmten Referenzwert überschreitet (60 %).


Der griechische Staatshaushalt kann dem entsprechend erst wieder als stabil betrachtet werden, wenn die Staatsverschuldung auf rd. 145 Milliarden € abgebaut ist (BIP 2010: 240 Milliarden € gemäß EUROSTAT - Prognose). Gegenwärtig ist Griechenland in Höhe von rund 300 Milliarden € verschuldet.


Dabei ist jedoch zu bedenken, dass die griechische Wirtschaftsleistung rückläufig ist. 2009 ging das BIP Griechenlands um 2 % zurück. Das Land befindet sich in einer schweren Rezession. In dieser Situation ist es wenig wahrscheinlich, dass der griechische Staat seine Verschuldung aus den laufenden Haushaltseinnahmen abbauen kann. Im Gegenteil: Viel wahrscheinlicher ist ein weiterer Anstieg der Gesamtverschuldung. 


Um aus der Rezession herauszukommen, werden Löhne und Preise sinken müssen. Einen anderen Mechanismus, um international wieder wettbewerbsfähig zu werden, gibt es für einen Mitgliedsstaat der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion nicht.


Zur Wiedererlangung der Stabilität bleibt nur ein Ausweg: Eine Entschuldung um etwa 150 Milliarden € ! 

In Europa gibt es keine Institution, die das nötige Erfahrungs- und Methodenwissen hat, um Griechenland dabei wirksam zu unterstützen. Jetzt rächt es sich, dass man es versäumt hat, den Stabilitäts- und Wachstumspakt hinreichend zu institutionalisieren.

Der Europäische Währungsfonds, wie er unlängst von Thomas Mayer, Chef- Volkswirt der Deutschen Bank, und Daniel Gros, Director of the Centre for European Policy Studies (CEPS), präsentiert worden ist, kommt einige Jahre zu spät.

Aus diesen Gründen wird der Internationale Währungsfonds (IWF) die Federführung übernehmen. Bei realistischer Betrachtung werden die Auflagen, die der IWF Griechenland dabei machen wird, weniger streng sein als die Anforderungen, die der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt gestellt hat.


Das heißt: Der IWF setzt in den nächsten Wochen und Monaten die Mindest - Standards für die Entwicklung der öffentlichen Finanzen innerhalb der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. Dadurch wird der Stabilitätspakt unterlaufen.

Also wird man sich jetzt intensiv mit den Organisations- und Entscheidungsstrukturen des Internationalen Währungsfonds auseinandersetzen müssen.

Ebenso aufschlussreich werden die Reaktionen der Europäischen Zentralbank sein, die nunmehr um ihre geldpolitische Unabhängigkeit fürchten muss.





















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